Wie wäre es, einen Influencer in den eigenen Reihen zu haben? Der eure Firma nicht nur effektiv vermarkten kann, sondern auch ein Gesicht gibt? Was so erst einmal gewöhnungsbedürftig klingt, gehört längst zum Teil von effektiven Marketingstrategien. Die Rede ist von Corporate Influencern. Zu diesem Thema haben wir mal einen Rundumschlag vorgenommen und es umsichtig durchleuchtet.
Externe Influencer sind schon länger Teil von Marketing-Strategien vieler B2C-Marken. Sowohl im B2B wie auch im B2C-Bereich können auch die eigenen Mitarbeiter mit Reichweite strategisch eingesetzt werden, um die Unternehmensbotschaft zu transportieren. Das funktioniert manchmal richtig gut, und manchmal überhaupt nicht. Wieso das so ist haben wir mit Ansgar Hein, Chief Marketeer und bei Think B2B und Klaus Eck, Herausgeber des Buches “Die neue Macht der Corporate Influencer” besprochen:
Wie gewinnt man seine Mitarbeiter dafür, aus Eigenantrieb im Namen der Firma auf LinkedIn ihr Wissen zu teilen?
Hein: Ein Patentrezept gibt es nicht, um Mitarbeitende für Eigeninitiative auf LinkedIn und anderen Netzwerken zu gewinnen. Ich halte es da gerne mit Antoine de Saint-Exupéry und seinem Zitat: "Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer." Der Schlüssel zum Erfolg liegt meines Erachtens im Wissen um die persönlichen Vorteile, die ich daraus ziehen kann. In der Praxis habe ich mit "Social Media Sprechstunden" und persönlichen Coachings dahingehend viel erreicht. Das ist nichts, was von jetzt auf gleich funktioniert, aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Mein Tipp: Influencer im Unternehmen identifizieren, denn auch da gibt es informelle Meinungsführer, gerade bei sendungsbewussten Persönlichkeiten in Vertrieb und Marketing. Aber auch Techniker sind gute Ansprechpartner. Wenn Du es schaffst, diese internen Influencer zu gewinnen, werden andere mit auf den Zug aufspringen und das Projekt gewinnt an Momentum.
Eck: Viele Entscheider wundern sich, wenn sie feststellen, dass gar nicht jeder Mitarbeiter gerne über seinen Arbeitgeber auf LinkedIn publiziert. Ein Selbstläufer ist ein Corporate Influencer Programm nie. Ich habe in den vergangenen Jahren als strategischer Berater einen Beitrag zu rund 80 Corporate Influencer Programmen geleistet. Deshalb kann ich aus Erfahrung sagen, dass es empfiehlt, zunächst am Vertrauensaufbau zu arbeiten. Jedem potenziellen Corporate Influencer muss deutlich sein, was die Anforderungen und Chancen für ihn sind. Die intrinsische Motivation kann durch ein gutes Community-Management unterstützt werden. In unserem Corporate Influencer Buch "Die neue Macht der Corporate Influencer" gehen wir auf das Zusammenspiel von Organisation, Team und Person ausführlich ein. Wenn das stimmig ist, klappt es auch mit der Verbreitung der Unternehmensbotschaften.
Welche Fehler machen Unternehmen hier am häufigsten?
Hein: Ein häufiger Fehler ist es, Mitarbeitende mit Druck dazu zu bewegen, etwas zu teilen. Das geht immer nach hinten los. Oftmals ist aber auch die Erwartungshaltung problematisch. Dann entsteht auch ein Druck und dem möchten sich Mitarbeitende nicht aussetzen, denn immerhin ist das ein Stück Privatsphäre.
Eck: Leider wollen viele Unternehmen vorher wissen, was ihre Mitarbeiter posten und das kontrollieren. Je mehr Mikromanagement und redaktionelle Abstimmung in einer Organisation notwendig erscheint, desto eher ist das Scheitern eines Programms gewiss. Genauso wenig sollte die Corporate Influencer Tätigkeit in die Freizeit verbannt werden. Nur wenn es dafür ein klares Zeitbudget in der Arbeitszeit gibt, werden die Corporate Influencer wirklich aktiv. Ansonsten bleibt das Publizieren von Content eine Nice-to-Have Angelegenheit.
Corporate Influencer werden vom Arbeitgeber sorgfältig ausgewählt, verfügen meist über eine hohe Reichweite auf LinkedIn o.ä. und können die Unternehmensbotschaft gut in die Öffentlichkeit transportieren. Arbeitgeber sehen sie als kostenlose und noch dazu authentische Werbung. Klingt fast zu schön, um wahr zu sein, oder?
Sie ermöglichen ihrem Netzwerk einen Blick hinter die häufig undurchsichtigen Firmenkulissen und verleihen dem Betrieb ein Gesicht.
Aber warum sind diese Markenbotschafter so wertvoll? Ihnen wird nicht wegen ihrem Arbeitgeber gefolgt, sondern wegen einer ausgeprägten Expertise oder einem souveränen und unterhaltsamen Social-Media Auftritt. Dieser erfolgt meist im Rahmen eines CIP (Corporate Influencer Programm).
Das Publikum folgt aus Eigeninteresse, kann sich mit dem „Influencer“ (-ich weiß, nicht jedem schmeckt diese Bezeichnung-) identifizieren. Auf den Arbeitgeber bezogene Inhalte werden nicht aus Fiskalgründen gepostet, sondern (idealerweise) aus eigenem Antrieb und “aus Spaß an der Freude”. Dieser Aspekt sollten im Vordergrund eines jeden Corporate Influencers stehen: Intrinsische Motivation.
Mitarbeiter sind die optimalen Markenbotschafter. Ihr Content wirkt „ehrlicher“ als der einer Unternehmenswebsite. Auch unternehmensintern besitzen sie ein höheres Vertrauen als Mitteilungen der PR-Abteilung. Als aktiver Teil einer Firma und mit positivem Content stärken sie nicht nur das Unternehmensimage, sondern paaren dies auch mit einer hohen Glaubwürdigkeit. Klar ist auch: Sollten die Corp. Influencer es schaffen, die Nachfrage nach dem eigenen Angebot zu steigern, hat das direkten Einfluss auf den Umsatz. Desweiteren sehen Angestellte in den Corp. Influencern eine Vertretung ihrer Stimme. Im Optimalfall trifft das sogar zu, wenn eine Führungskraft mit Sympathiefaktor diese Rolle innehat, wie bei SAPs Cawa Younosi.
Vor allem im Personalmarketing kann ein solcher Influencer Wunder bewirken. Es wird immer schwieriger, auf dem Arbeitsmarkt wirksames Employee Branding zu betreiben. Corporate Influencer können hier ein Schlüssel zum Erfolg sein. In Zeiten von digitalen Übersättigung, Fake News und Fake Followern wird ihre Rolle zunehmend wichtiger. Sie bilden die Brücke zwischen der Firma als unnahbarem Riesen und dem Branchenthema auf LinkedIn, TikTok und Co.
B2B-Angebote sind oft unzugänglich, komplex und demnach erklärungsbedürftig. Oft sind es die Experten eines Unternehmens (Vertriebler, Inhaber, Kundenservice, Ingenieure), die die Probleme der Kunden kennen und die Lösung verständlich kommunizieren können. Unternehmensbotschafter treten über ihre Beiträge mit potenziellen Kunden in Kontakt und bauen so eine Affinität zur Marke auf. Die Schlagkraft ist zudem viel höher: Beiträge vom Company Account gehen bei LinkedIn häufig unter und erhalten wenig bis gar keine Aufmerksamkeit. Corporate Influencer regen einen Dialog an und beleben damit die Persönlichkeit einer Marke. Kurz: Die Sympathie einer Firma steigt, denn Menschen vertrauen Menschen mehr als blanken Unternehmensbeiträge.
Viele Unternehmen haben schon erfolgreiche Influencer aus den eigenen Reihen etabliert. Hervorzuheben sind hier die Mitarbeiter der US-Unternehmen Gong und Refine Labs.
Der CEO von Refine Labs, Chris Walker, hat es geschafft mehrere Mitarbeiter für Thought-Leadership auf LinkedIn zu begeistern. Sam Kuehnle schafft es mit Beiträgen über Fachthemen seine Stellung als Experte nachhaltig zu unterstreichen. Megan Bowen ist hier ebenfalls als Paradebeispiel zu nennen. Der CEO selber ist für viele B2B-Marketer DER Guru schlechthin. Refine Labs hat in seinem Podcast gesagt, dass 100% ihres Umsatzes von den Kanälen LinkedIn & Podcast kommt. 100% Inbound. Das muss man als B2B Marke erstmal schaffen…
Gong hat es auch geschafft, mehrere Mitarbeitende auf LinkedIn erfolgreich zu positionieren. U.a. sollte man hier Liz Koppel, Sarah Brazier und Udi Ledergor im Auge behalten. Neben firmeninternen Neuigkeiten, den Expertenstand unterstreichenden Beiträgen positioniert sich Gong auch in Person von Udi Ledergor zu gesellschaftlich wichtigen Themen (LGBTQ). So geht erfolgreiches Corporate Influencer Marketing!
Es gibt aber auch einige nennenswerte Corporate Influencer im deutschsprachigen Raum. Einer von ihnen ist Tim Höttges, CEO der Telekom. Mit vielen Berichten über Neuigkeiten des Unternehmens, aber auch nüchternen und privateren Beiträgen hält Höttges die Waage zwischen Expertise & Mensch-sein. Damit verleiht er dem Technologiekonzern auf äußerst effektivem Wege ein Gesicht.
Ein anderes Beispiel ist Tijen Onaran. Sie ist Gründerin von Global Digital Women und starke Stimme der Equality-Bewegung. Damit schlägt sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie positioniert sich stark für ein wichtiges gesellschaftliches Thema und unterstreicht damit die Bedeutung ihrer Firma. Private Einblicke, ihre Expertise unterstreichende Referenzen aber auch Neuigkeiten aus dem Unternehmen runden das Bild der Gründerin (und Corporate Influencerin) ab. Hut ab!
Der Weg zu “eigenen” Corporate Influencern kann steinig sein. Grundsätzlich eignet sich auch nicht jeder Mitarbeiter dafür.
Der Mitarbeiter sollte eine Vertrauensperson sein und sich mit dem Unternehmen identifizieren. Zudem sollte er sich bei seinem Arbeitgeber wohl fühlen und den Job gerne machen. Hier muss der erste Schritt vom Unternehmen auskommen: Wertevorstellungen, Transparenz und Freiraum sind nur einige Aspekte, die ein Unternehmen verfolgen sollte, um zufriedene Angestellte zu haben. Intrinsisch motivierte Mitarbeiter eignen sich deutlich besser als Corporate Influencer als extrinsisch motivierte Arbeitnehmer.
Natürlich muss die Person auch geschult werden: Corporate Identity und der angeschlagene Ton, Guidelines oder Don’ts sollten im Vorfeld klar kommuniziert werden. Logisch: Er oder sie sollte auch ein guter Storyteller sein, bei dem man gerne mitliest.
Auch der Faktor Zeit ist nicht zu unterschätzen. Um die Position des Corporate Influencers schmackhaft zu machen, sollten hierfür keine Überstunden entstehen. Corporate Influencing ist Arbeit und gehört daher in die offizielle Arbeitszeit. Anderenfalls schlägt intrinsische Motivation schnell mal in Frust und Stress um.
Zudem sollte man keine Wunderwerke vom Influencer erwarten. Die Unternehmenskommunikation kann hier als Ansprechpartner Tipps und Rat erteilen. Sind alle diese Punkte erfüllt, arbeitet der Corporate Influencer gerne als ein solcher und ist stolz, seine Firma auf Social-Media repräsentieren zu dürfen. Die stolze Magenta Crew der Telekom macht das par excellence vor.